vielleicht

seit viereinhalb monaten bin ich nun bei mo jour zu gast.

im grund verstehen wir uns prächtig. das liegt vor allem daran, dass ich eine so zugewandte und sehr geduldige katze bin und nicht immer auf meinen katzenrechten bestehe.



zum beispiel habe ich mich fast damit abgefunden, dass ich hier nicht durch die vordertüre raus und rein darf. also bleibe ich eben drinnen und versuche kaum noch, vorne rauszuwitschen.

natürlich könnte ich über die katzentreppe hinten raus gehen. tu ich aber nicht. schon gar nicht, solange da auf dem eigentlich schwarzen schuppendach noch weißer schnee liegt. da ist ja meine tarnung völlig dahin.

ich sitze aber täglich vor der öffnung in der balkonumrandung und sinniere hinüber.

mo jour hat erzählt, dass ihre alte katze neun monate gebraucht hat, bevor sie sich hinübertraute. nicht, dass ihr denkt, ich hätte angst, da rüber zu balancieren. schließlich bin ich in frankreich die bäume hoch und runter und zweieinhalb meter aus dem stand über abgründe gehechtet.

mein eines auge guckt für zwei!

nönö. angst habe ich keine. ich doch nicht. allerhöchstens ein ganz klein klitzbißchen respekt vor dem großen starken schwarzen kater, der da draußen immer so forsch auf und ab marschiert und uns hier im sommer ja auch schon mal des nachts besucht hat.

könnte schon sein, dass ich mal irgendwann über die planke gehe. bald. oder später. vielleicht.


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gegen die wand

das ist mein katzenklo, an dem ich gerade ausgiebig schnuppere. zumindest der obere teil davon. eine schicke haube, unter der ich ungestört meinen geschäften nachgehen kann.


ihr müsst wissen, dass ich eine waisenkatze bin und nicht bei meiner katzenmutter aufwuchs, sondern bei einem großen hund. der brave bruno, ungefähr eine dogge, hat sich bestens um die grundzüge meiner erziehung gekümmert.

er hat mir alles wichtige beigebracht. unter anderem hätte er sich niemals zum pinkeln hingesetzt. noch heute habe ich ein besonderes vergnügen daran, im stehen zu pieseln.

in meinem alten katzenklo ging das nicht, das war nur eine schale. aber seitdem ich unter der haube bin, strullere ich voll karacho gegen die wand. das prasselt so schön!

meine hütefrau ist indigniert. mo jour sagt, sie hat keine lust, ständig ums katzenklo herum die pfützen wegzuputzen. mindestens zweimal am tag.

es ist nämlich so, dass ich nicht nur gegen die wand, sondern auch mit großer zielsicherheit genau in die ritze zwischen toilettenschale und haube pullere. dann läuft es außen runter. das hält innen das katzenstreu schön sauber.

nun ist die haube ab und weg. ich muss wieder im sitzen pinkeln. sonst gibt es nachhaltigen ärger. da ich eine smarte koboldskatze bin, möchte ich das lieber nicht riskieren.

sehr katzenschade.

das wäre tatsächlich ein grund, meinen katzentreppen-boykott aufzugeben und mal in den garten zu gehen.


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katzenkuchen

bekanntlich bin ich eine hauskatze. obwohl ich nur ein auge habe, kümmere ich mich daher auch ums haus und alles was damit zu tun hat.



am wochenende hatte ich besuch. meine katzfrau no. 1 ist gekommen. ihr zu ehren haben wir einen katzenkuchen gebacken. katzenkuchen macht stark, hält warm und enthält sehr viel gute katzen-energie.

den kuchen hat sie mitgenommen. mich hat sie hier gelassen, bei mo jour. da bin ich froh. ehrlich gesagt, ich hatte etwas angst, dass meine no. 1 mich wieder in die kiste steckt und ins tierheim bringt oder sonstewohin.

vor allem, als sie sagte, dass sie mich eigentlich doch hätte mitnehmen können. nach fernchina nordost. ja, was soll ich denn da? bei temperaturen von minus 20 grad celsius? das ist doch kein katzenleben!

da habe ich es doch lieber lecker warm. deswegen habe ich mich während ihres besuchs vornehm im hintergrund gehalten, alles genau beobachtet und die ohren gespitzt.

in meinen französischen garten wäre ich gerne zurück gegangen. aber nach china? nicht für katzenkuchen!

erst, als ich ganz sicher war, dass sie mich auf keinen fall dahin verfrachtet, habe ich mich dekorativ auf mein bett placiert und mich von ihr ein bißchen kraulen lassen.

sie muss nicht unbedingt wissen, wie sehr ich sie vermisse.


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hausdrachen

den elefantenrüsseligen krachkasten habe ich schon mehrmals erwähnt. er ist sehr laut. davor habe ich tierischen respekt.


mit seinem langen rüssel kommt er überall hin. deswegen ist das foto eine seltenheit. normalerweise bin ich immer nur da, wo unser hausdrachen nicht ist. wenn wir uns begegnen, kann ich ihn nur mit zunge rausstrecken und katzentodesblick auf abstand halten.

die meiste zeit steht er unbeweglich lauernd in einer ecke in seinem eigenen zimmer. dann scheint er zu verdauen. aber wehe, wenn er hunger hat! dann kommt er heraus und ist so wild, dass mo jour ihn an die leine legen muss.

dafür gibt es in der wohnung an den wänden mehrere hausdrachenleinen-andockstationen in katzen-nasenspitzen-höhe.

wovon er sich ernährt, weiß man nicht so genau. mir scheint, er ist da sehr wählerisch: zum beispiel meine katzenhaarkunst frisst er regelmäßig weg – und ich kann wieder von vorne anfangen. meine mäuse aber lässt er liegen.

ganz sicher hat er mein großes weißes schnurrhaar verputzt. ich kann es nirgends mehr finden.

auch kekskrümel verschlingt er. da ist er so heiß drauf, dass er mo jour überall hin durch die ganze wohnung folgt. wahrscheinlich hofft er, dass sie noch ein paar krümel fallen lässt.

mo jour mag den hausdrachen auch nicht. „viel zu laut“, pflegt sie zu sagen. der hat aber auch wirklich schlechte manieren. wie kann man beim fressen nur so viel lärm machen?

ich kann mir nicht erklären, warum der überhaupt hier wohnt. wir haben es doch sehr gemütlich zu zweit. auf diesen lärmbolzen könnte ich gut verzichten. meine katzfrau no. 1 im haus in frankreich hat auch einen. ich verstehe das nicht.

irgendwie scheinen diese hausdrachen für menschenwohnungen wichtig zu sein. oder umgekehrt. vielleicht gehört ihm die wohnung auch? und er lässt uns nur hier wohnen, damit wir ihn regelmäßig füttern?


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haarausfall

es ist weg. mein großes weißes schnurrhaar. es hat mich in der nacht vom 7. auf den 8. januar 2011 verlassen. ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte. ich weiß auch nicht, wo es passiert ist.


das ist ein verlust: ich hatte nur dieses eine. auf der rechten seite, wo ich kein auge habe. das weiße haar hat das kranke auge quasi ersetzt. jetzt ist das weiße schnurrhaar weg – und ich bin halb blind!

der haarausfall ist sicher passiert, weil ich in den letzten wochen so dermaßen intensiv ferngeschnurrt habe. die entfernung ist zwar im augenblick nicht so groß, aber ich muss nebenher noch kranke familienmitglieder heile schnurren. das kostet kraft. und offensichtlich schnurrhaare.

erst neulich abends noch habe ich meiner hütefrau mo jour sehr eindrucksvoll demonstriert, dass ich mein eines weißes schnurrhaar ganz elegant nach oben aufrichten kann, wenn ich mehr wahrnehmen will oder um die fernschnurre zu verstärken oder den empfang zu verbessern.

wenn ich mal nicht so stark neue eindrücke verarbeite, lasse ich das weiße haar lässig herabhängen. mo jour war sehr beeindruckt. sie will mir helfen, das haar wieder zu finden. dann können wir es in die voodoo-sammlung legen.

jetzt wagt sie nicht einmal mehr, den großen roten elefantenkrachkasten in die wohnung zu lassen. das finde ich zwar nicht schlimm. aber wenn der jetzt verhungert, dann möchte ich natürlich auch nicht schuld sein.

ich glaube nicht, dass mo jour das weiße haar noch findet. ihre zwei augen sind nicht so gut wie mein eines. zum trost habe ich ihr mein schönstes schwarzes barthaar auf den schreibtisch gelegt. das war fast so groß wie mein weißes.


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lecker warm

das ist mein desktop-bed. es hängt an der heizung direkt über dem schreibtisch im besonderen büro von mo jour.


während ich hier kuschelwarm chille und mir neue geschichten für euch überlege, sitzt sie auf ihrem großen chefinnenledersessel vor ihrem großen erlenholzschreibtisch und dirigiert mit ihrem laptop das weltweiteweiber-netz.

dieses bürobett ist eine super erfindung. ich habe es von der katze geerbt, die vor mir hier gelebt hat. sie hieß mafia cioccolata, weil sie so frech und so süß war, und ist mehr als 90 katzenjahre alt geworden. in den tierarztpraxen von berlin-kreuzberg bis badisch südwest ist sie eine legende.

ich bin sehr stolz, dass ich dieses kostbare bett meiner ahnin benutzen darf. all ihre geschnurrte weisheit steckt in diesem taubenblauen plüsch, der immer noch ein bißchen nach mafia cioccolata duftet und mein vornehm glänzendes fell so wunderbar zur geltung bringt.

da fühle ich mich gut aufgehoben und sehr inspiriert. das beste daran ist natürlich, dass ich von hier oben alles im blick und mo jour voll unter kontrolle habe.


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year of the cat

willkommen im jahr der katze! das wurde aber auch zeit. mehr als acht jahre habe ich darauf gewartet.


ich geniere mich ein bißchen. endlich ist jahr der katze. doch ich liege platt unter meinem bett vor furcht, weil draußen so ein kriegslärmgeböllere ist und feuerwerksfeuer. die bachblütentropfenmassage hat zwar etwas geholfen, aber ich bin lieber vorsichtig. sicher ist sicher. typisch katze eben.

also muss mo jour diese geschichte für mich aufschreiben. sie ist noch wach, sitzt an meinem catbook, und ich diktiere ihr aus sicherem abstand, was sie tippen soll.

mo jour sagt, sie feiert katzenjahr, weil ihre seele ein bißchen japanisch ist. meine katzfrau no. 1 feiert wahrscheinlich hasenjahr, weil sie gerade so viel in china lebt. also kann ich mir das aussuchen oder beides haben.

katzen oder hasen und ihre jahre sind sowieso die glücklichsten von allen tieren. wir lieben den eleganten luxus und genuss ohne hektik. wir sind langlebig und diplomatisch, anmutig und von höflicher intelligenz. zwar ein ganz klein bißchen launisch – aber immer stilvoll und kultiviert. sieht man ja an mir.

von katzen lernen heißt siegen lernen. und siegen bedeutet im jahr der katze: locker durchkommen.

also, ihr katzen der welt: ein ganzes jahr lang cat as cat can. das wird ein spaß! und allen anderen geht’s ganz katzomatisch auch gut. weil wir wissen, dass schnurren nichts kostet.


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